Sonntag, 27. März 2011

Licht aus!

Gestern Abend wollte sich Jena an der weltweiten Earth Hour zum Energispartag beteiligen. Leider war es auch um halb zehn noch lampenhell, aber viel interessanter war, was sich Vorfeld der Aktion an meinem Telefon abspielte.
Leichtsinnig hatte ich in der Presse mit dem besonders dunklen Nachtwächterrundgang geworben, was einige Leute zu mehr oder weniger erregten Anrufen bei mir veranlaßte.
Zuerst meldeten sich zwei ältere Damen, die sich besorgt erkundigten, wie lange denn der Strom weg wäre, sie bekämen Besuch und hätten den Kühlschrank voller Lebensmittel.  
Dann folgte der Clou: Eine Mittfünfzigerin (der Stimme nach) beschimpfte meinen Mann, was ihm einfiele, ihr den Strom abzuschalten. Nur weil sie HartzIV-Empfängerin sei, könne man sowas mit ihr nicht machen, sie werde sich beschweren, und überhaupt: Geld nach Afrika schicken, aber nichts für die eigenen Bürger übrig haben! Das lasse sie sich nicht länger gefallen etc. Mein armer Mann kam gar nicht zu Wort.
Ist es nicht erstaunlich, wieviel Frust man anstauen kann, so daß man am Ende eine ganz einfache kleine Zeitungsmeldung sooo sehr mißversteht?

Freitag, 25. März 2011

Altersheim

Zu meinem 40. Geburtstag bekam ich Post. Von der Krankenkasse. Sie teilte mir mit, daß ich ab nun, herzlichen Glückwunsch übrigens!, berechtigt sei, die Altersvorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen. Boing! Das war der Wink mit der Keule: 
Mädchen, Du wirst alt!
Es hat Jahre gedauert, bis ich den Schock vergessen habe, aber nun kam es noch schlimmer: Die Marie-Seebach-Stiftung aus Weimar schrieb mir. Ich wolle doch sicher meinen Lebensabend in stilvollem Ambiente verbringen, und das würde ich im neuen "Haus Sophie", das die Stiftung jetzt eröffnet, tun können. 
Ins Altersheim! Ich! Leute, ich bin gerade mal 46!
Aber halt! Was lese ich da? Es handelt sich um eine Einrichtung für ältere Menschen, die in irgendeiner Weise dem Theater, der Kunst und Literatur verbunden waren? Eh, die sehen mich als Künstler an, na immerhin, das ist ja mal eine Adelung! 
Dabei fällt mir dieser geniale Krimi mit Kurt Böwe ein:
In einem Altersheim wohnen ehemalige Schauspieler, Dichter, Musiker. Das Essen ist vom Feinsten, vier-Sterne-Küche, mindestens, täglich Kulturprogramme, es geht sehr mondän zu. Das Geheimnis der Finanzierung ist, daß verstorbene Insassen in die Kühlkammer kommen, bis dort alle acht Plätze belegt sind. Das Heim bezieht die Rente stillschweigend weiter. Stirbt ein weiterer Heimbewohner, der neunte sozusagern, wird derjenige der acht aufgetaut und für soeben verstorben erklärt, der die niedrigste Rente bezieht. Die Sache geht gut, bis Kurt Böwe auftaucht und den Heimbetreibern auf die Schliche kommt. Aber immerhin gibt er ihnen dann die Gelegenheit, die Sache still und leise zu bereinigen: Die Heimleitung setzt die aufgetauten Leichen in einen Kleinbus, der dann - ohne Fahrer - eine Böschung hinunterkippt, und, Überraschung!, leider kommen alle acht Insassen bei dem Unfall ums Leben. Der Film war köstlich. Kernsatz Böwes:
"Wenn der Staat nicht dafür sorgt, daß seine alten Menschen einen angemessenen Lebensabend verbringen könnten, muß man ja auf solche Ideen kommen!"
Und ich werde mich jetzt mal hinsetzen und ausrechnen, wieviele Stadtführungen ich noch machen muß, um mir in 20 Jahren ein Doppelzimmer im Haus Sophie leisten zu können, denn meinen Mann nehme ich natürlich mit!

Samstag, 12. März 2011

Guttenberg als Baby

Das deutsche Urheberrecht verbietet es leider, Fotos aus dem Inneren von Kirchen und Museen ohne Erlaubnis der Kirche oder des Museums zu veröffentlichen. Das ist in meinem Fall hochgradig schade. Denn ich habe heute auf Schloß Tenneberg im Puppenmuseum eine zu-Guttenberg-Miniatur entdeckt.

Schloß Tenneberg liegt oberhalb Waltershausens, also ganz nahe bei Gotha. In Waltershausen wurden bis 2003 Puppen hergestellt, zuletzt vor allem sehr, sehr schöne und hochwertige Künstlerpuppen, mehrstenteils für den Export nach Übersee.
Es gab da auch Puppen mit Grammophon im Bauch, die ersten Sprechpuppen, außerdem verschiedene Negerpuppen in Hotelboy-Livree oder Strohröckchen, die das Bild, das man zu ihrer Zeit von dunkelhäutigen Menschen hatte, sehr fein widerspiegeln.
Und eine große Puppe, die einen Kinderwagen bei sich hatte, in dem - Karl Theodor lag! Eindeutig, er war es! Die Gesichtszüge unverkennbar, dazu das schwarze, wie gelackt wirkende Haar! Jetzt stellt sich die Frage, wie der dahin kommt! Und wie man diesen Fakt bekannt machen könnte. Das wäre so gut für Schloß Tenneberg, wenn da die Massen hinpilgerten, all die Millionen Anhänger des Schummelbarons! Man könnte Repliken dieser Puppe herstellen und verkaufen, damit wäre vielleicht die Puppenmanufaktur wiederzubeleben! Und von den Eintrittsgeldern für die Sonderausstellung könnte man das Schloß weiter restaurieren.
2010 hat es den Denkmalspreis des Thüringer Kultusministeriums erhalten.

Freitag, 11. März 2011

Lommerweg-Geschichten (2)

Jetzt schummle ich mal. Aber nur ein bißchen. Also:
Vor zwei Tagen fuhr ich mit dem Fahhrad am Ufer entlang, der Weg war schmal und ich bemerkte ein älteres Ehepaar, das mir entgegenkam. Händchenhaltend, was ich herzerweichend fand. Vielleicht war es das, was mich bewog, abzusteigen und den beiden Platz zu machen. Aber in genau dem Moment, als ich abstieg, traten beide zur Seite und der Mann sagte lächelnd: "Sie brauchen doch nicht abzusteigen, es ist doch genug Platz für uns alle!"
Ich gebe es zu: Es muß seeeeehr blöd ausgesehen haben, wie ich da mit offenem Mund stand und ihn anstarrte. Zuerst vermutete ich einen Hörschaden bei mir, aber dann fügte seine Frau an:"Sie machen es richtig: Eine Radtour bei diesem herrlichen Wetter! Viel Spaß noch!"
Verdattert schaute ich den beiden hinterher.

Wo ich jetzt geschummelt hab, möchten Sie wissen? Ich bin tatsächlich mit dem Fahrrad am Ufer entlanggefahren. aber es war nicht das Ufer der Lommer in Jena, sondern das der Spree, im Carl-Blechen-Park in Cottbus.

Und ich verrate Ihnen auch, wie diese Begenung in Jena an der Lommer abgelaufen wäre:
Ich fahre mit dem Fahhrad am Ufer entlang, der Weg ist schmal und ich bemerke ein älteres Ehepaar, das mir entgegenkommt. Die beiden blicken mir finster entgegen und versuchen gar nicht erst, zur Seite zu gehen, sondern der Herr bleibt stehen, breitet die Arme aus und faucht:"Hier ist kein Radweg, los, runter vom Fahrrad, aber dalli!" Die Frau keift dazu:"Eine Frechheit ist das, unverschämt!"
Ich lächle tapfer:"Wenn ich vielleicht vorbei dürfte?" "Hier is nich für Fahrräder, hier is ein Fußweg", brüllt der Herr. "Das stimmt nicht, da vorn ist ein Schild, bitte schauen Sie nach. Und jetzt lassen Sie mich bitte weitergehen, das ist sonst nämlich Nötigung!" Er tritt zur Seite, ich steige auf, fahre weiter und höre die beiden noch lange hinter mir her schimpfen.
Finden solche Menschen wirklich nur als ehrenamtlicher Verkehrserzieher Befriedigung?

Samstag, 5. März 2011

Lommerweg-Geschichten (1)

Straßen heißen ja oft nach berühmten Leuten. Plätze auch, aber das ist momentan ein heißes Thema in Jena, in das diverse Lobbyisten verstrickt sind, also lassen wir das lieber und bleiben bei Straßen und Wegen. 
Hinter unserem Haus fließt ein Bach, und an dessen Ufer verläuft der Lommerweg. 
Straßennamen bilden, wenn man konsequent nach ihrem Namensgeber forscht. Über Horst Lommer kann man sich in Wiki informieren.
Auf diesem unseren Lommerweg könnte man so lauschig ins Zentrum gelangen, wenn nicht... Ja, wenn es nicht diese schrecklichen Fußgänger gäbe!
Heute radelte ich gemütlich auf die Katharinenbrücke zu, als mir von dort zwei etwa siebenjährige Mädchen entgegenkamen, artig nebeneinader. Pötzlich fingen sie an zu spielen, rannten nebeneinander, rückwärts blickend und mir fast ins Fahrrad. "Eh, guckt mal bitte nach vorn!", rief ich ihnen zu. In diesem Moment kam der Opa unter der Brücke hervor, stellte sich mir in den Weg, griff nach meinem Lenker und fauchte: "Wenn Sie die Mädchen umfahren, fliegen Sie in die Leutra!" Da er meinen Lenker festhielt, mußte ich absteigen. Freundlich fragte ich ihn, ob ich ihn eben richtig verstanden habe, ob er mir tatsächlich gedroht habe, mich in die Leutra zu schubsen. Nein, er habe mich nur gewarnt
Da er vor Wut schon blau anzulaufen begann verzichtete ich darauf, ihm den semantischen Unterschied zwischen Warnung und Drohung zu erläutern und fragte ihn stattdessen, ob er nicht ruhiger leben würde, wenn er seinen Enkelinnen erklärte, wie man sich im Straßenverkehr verhält, statt sich an fremden erwachsenen Frauen als Verkehrserzieher zu versuchen. 
"Sie haben hier abzusteigen!" brüllte er nun. "Warum?" fragte ich neugierig. Das fiel ihm gerade nicht ein, daher versprach ich ihm, wieder einmal vorbeizukommen, bis dahin wisse er es vielleicht.
Wie langweilig wäre eine Fahrt in die Stadt, wenn man einfach nur geradeaus fahren müßte! Aber gerade diese spannenden Hindernisse in Form von verbitterten und verbiesterten Cholerikern machen jede Tour zu einem kleinen Abenteuer. Da ich finde, daß diese erzählenswert sind, weil ihnen eine ureigene Komik innewohnt, folgt das nächste hier demnächst als Teil 2.

Mopsig

Ich muß schon wieder ein Geständnis machen: Ich liebe Möpse. Möpse sind knuffig.
Heute stand ich nach einem frischen Brot an, als ein Hund an mir vorüberlief, der mir ein fröhliches Grinsen entlockte. Haargenau die stolze Figur eines klassischen Mopses (klassisch heißt, er war relativ schlank und hochbeinig), auch die Fellfarbe war genau die eines Mopses, aber er hatte eine richtige Schnauze und langes, seidiges Fell. Auf meine Frage, ob das ein Mops-Westi-Mischling sei, antwortete die Halterin, nein, ein Mops-Schnauzer. Also ein Schnops, oder ein Mauzer, stellte ich fest. Die gesamte Wartegemeinschaft brach in lautes Gelächter aus.
Der Hund war so witzig schön, daß ich auf dem gesamten Heimweg vor mich hin grinste.
Fazit: Der richtige Hund kann richtig gute Laune machen!

Donnerstag, 3. März 2011

Karl Theodor, der Lügner

Die gegelte Bundesbügelfalte, Karl Theodor von und zu, Schummel-Kalle also, ist zurückgetreten.
Ich gestehe öffentlich: Ich finde das gut. Nicht, weil er beim Schreiben seiner Dissertation geschummelt hat, das machen vermutlich viele, sondern weil er, als man darauf gekommen war, so elend schlecht gelogen hat.
Also mal ehrlich: Ein Minister, der sooo schlecht lügt, nee, das geht ja überhaupt nicht! Und dann schiebt er auch noch sein kleines Kind vor! Das ist ja schon beinahe Mißbrauch! Er war so übernächtigt, der Arme daß er gar nicht bemerkte, wie er halbe Bücher und Zeitungsartikel abschrieb!
Ich kann voller Stolz behaupten, auch kleine Kinder gehabt zu haben, sogar zwei Stück, nur 438 Tage lagen zwischen ihrer Geburt, aber dermaßen geistig ausgestiegen war ich nie.
Erstaunlich ist auch, daß ihm ein großer Teil der deutschen Bevölkerung noch immer nachweint. Der arme Karl Theodor! Nun ist er so schön adelig, verfügt also traditionell über eine sehr eingeschränkte genetische Vielfältigkeit, und da passiert ihm sowas!
Dann kommt auch noch die böse, böse Presse und setzt ihn mit einer negativen "medialen Betrachtung" unter Druck, so sehr, daß er zusammenbricht. 
Zum Glück. Denn wer weiß, wie lange er sonst noch gelogen hätte.
Klugerweise erfolgt dieser Zusammenbruch nicht bereits am 28. Februar, sondern erst am 1. März. Das sichert ihm für einen weiteren Monat sein volles Gehalt, sonst hätte er nur 14.098€ Übergangsgeld erhalten.
Traurig ist aber, daß die adelige Pomadenmischung (Danke, Herr Pispers!) sich noch immer als Opfer der Presse fühlt. 
Jetzt wünsche ich ihm von Herzen, daß im Schlaf die gute Fee zu ihm kommt, den Schleier der Realitätsverdrängung von ihm nimmt und ihn wieder heile macht.