Samstag, 6. November 2010

Alles Luther oder was?

Ich muß noch einmal zu Luther zurückkehren, "aus gegebenem Anlaß", wie es so schön heißt:
Was macht eine "Lutherstadt" aus? 
Daß Luther dort einmal ein Disputation hielt? (Marburg)
Einmal seine Thesen erläuterte? (Heidelberg)
Daß sich eine Stadt als erste in einer bestimmten Region zu seinen Lehren bekannte? (Nordhausen)
Daß er dort einmal auf der Burg saß und auf den Ausgang eines Reichstages wartete? (Coburg)
Sicher sind das alles berechtigte Gründe, Lutherstadt zu werden. 

Aber wie wäre es hiermit:
Luther hat in dieser Stadt gepredigt. (Jena)
Luther hat in dieser Stadt in einem Hotel genächtigt und dabei inkognito mit Studenten aus der Schweiz diskutiert. (Jena)
Luther hat in dieser Stadt hier eine Disputation mit Andreas Bodenstein, Karlstadt genannt, gehalten, der seine Gemeinde in Neustadt/Orla hatte und dort eifrig wirkte. (Jena)
Luthers Grabplatte befindet sich in dieser Stadt, weil es nach dem Verlust von Torgau im Schmalkaldischen Krieg keinen würdigeren Platz gab, sie aufzubewahren, als diese Stadt, die man auch "das wahre Wittenberg" nannte. (Jena)
Der Reformator Erhard Schnepf, der Luther seit der Thesenerläuterung in Heidelberg zugetan war, kam an die neu gegründete Universität als Hebräischprofessor, wurde in dieser Stadt Superintendent und liegt in St. Michael begraben. (Jena)
Nikolaus von Amsdorf, erster protestantischer Bischof in Naumburg, befürwortete die Gründung einer Universität in lutherischer Tradition in dieser Stadt. (Jena)
Kanzler Brück berichtete bereits im Januar 1522 dem sächsischen Kurfürsten, man habe in dieser Stadt am Weihnachtstag 1521 das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht.  (Jena)
Der Nachlaß Georg Rörers, des Assistenten und Reisebegleiters Luthers, der jeden Seufzer und jedes Bonmot Luthers aufzeichnete, liegt in der hiesigen Universitätsbibliothek, mit vielen Mit- und Nachschriften von  Predigten, Vorlesungen, Tischreden, Abschriften von Lutherbriefen, Protokollen der Bibelrevisionssitzungen... (Jena)
Und weitere wertvolle Lutherana liegen hier: das September- und Dezembertestament, die ersten Ausgaben des AT und NT, die erste gedruckte vollständige Lutherübersetzung der Bibel von 1534, die Büchersammlung, die Luther als akademischer Lehrer an der Universität zu Wittenberg eifrig nutzte inklusive seiner persönlichen Bibel-Handexemplare. 
Ebenso wie die Biblioteca Electoralis, die private Bibliothek Friedrichs des Weisen. 
Nicht zu vergessen die auflagenstarke Lutherausgabe aus dieser Stadt von 1555.
Wieviele Argumente braucht man noch um zu sehen, daß diese Stadt hier, Jena, die wahre Lutherstadt ist? 
Ein Leserbriefschreiber meinte kürzlich, es sei doch nur ein Zufall der Geschichte gewesen, daß die Grabplatte Luthers in Jena steht. 
Nein! Der Zufall war, daß sie 1549 nach Weimar kam, wo sie immerhin 22 Jahre blieb, ehe man der Meinung war, das benachbarte Jena sei doch weit geeigneter für ihre Aufbewahrung, weshalb sie der Weimarer Herzog der Universität schenkte. Das war ein bewußter Akt, kein Zufall.


Ich bin der Meinung, dieses Jena ist mehr Lutherstadt als so manch anderer Ort, der diesen Titel tragen darf! Dabei bleibe ich. 

Hier stehe ich und kann nicht anders.

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