Au Backe, ist die Warteschlange im Supermarkt wieder lang! Dafür habe ich genügend Zeit, den Kassierer zu beobachten. Jau, das ist wieder so ein Jungspund, der allen Kunden ein muffeliges "Hallo" entgegenbrummt, ohne Ihnen ein einziges Mal in die Augen zu sehen. Zur Verabschiedung folgt dann folgerichtig ein beiläufiges "Tschühüüs". Hallo!? Gab es nicht mal ein freundliches "GutenTag"?
'Na warte, Du Bürschchen', grummelt es in mir. Als ich an der Reihe bin, grüße ich laut und herausfordernd "Guten Tag!" " 'llo", brummt es zurück. Und wider Erwarten muß ich innerlich grinsen. Da ist also das italienische Wanderweg-Gruß-Syndrom an den deutschen Supermarktkassen angekommen!
Während der Jungspund meine Artikel akribisch genau über den Scanner zieht, denke ich an unsere Wanderungen zurück. In Spanien, besonders in der Tramuntana, ruft man den Wandernden einfach ein fröhliches "Olà" zu. Handelt es sich um sehr ältere Eingeborene, zu erkennen am Vorkriegsrucksack und den selbstgeschnitzten Wanderstöcken, ist man mit einem freundlichen "Bon dìa" gut beraten.
Ganz anders verhält es sich in Norditalien. Hier stehen im Wesentlichen vier Grußformeln zur Auswahl: "Buongiorno" als hochsprachliche Variante und "Giorno" als deren gekeuchte Kurzform beim Aufstieg, "ciao" und "salve" als sportlich-salopper Insidergruß und "Bon dì!" für ältere Eingeborene (erkennbar an - siehe oben) im Piemont und in der Lombardei.
Nun könnte man ja denken, wenn man seinen Gruß entsprechend der entgegenkommenden Person wählt, wird man ebenso zurückgegrüßt, aber denkste! Ich liege IMMER daneben, garantiert. Grüße ich die jungen, sportlichen Männer mit "ßalveeee", ertönt ein strammes "Buongiorno". Sage ich zu älteren Damentrio konservativ "Buongiorno", erwidert man garantiert "ciao", und wenn ich es mit "ciao" versuche, lautet der Rückgruß - Salve!
In Südtirol kommt noch eine erschwerende Komponente hinzu: Die Wanderer können Südtiroler oder Italiener sein, und erstere freuen sich eher nicht über einen italienischen Gruß, sondern über ein Grüß Gott. Damit habe ich nun wieder ein Problem, denn was antwortet man darauf? Ein Freund in Jugendzeiten hat es mal mit "Waidmanns Heil" versucht und dafür vernichtende Blicke geerntet.
Inzwischen ist der Jungspund an der Kasse fertig, nennt mir die Zahlsumme. Ich stecke das Wechselgeld ein und warte auf seinen Abschiedsgruß. "Schüss", säuselt er. Ich atme tief ein, denke an den Urlaub, meine stets falsch gewählten Grußvarianten und antworte freundlich: AUF WIEDERSEHEN!